Frauen-Nationaltrainer Paul McGuigan: "Wir besitzen Potenzial, in die zweite Division aufzusteigen"

Als Spieler lief Paul McGuigan (51, Foto l.)) in seiner englischen Heimat für den Chorley RUFC und den Orrell RUFC auf. In Deutschland kämpfte er bei der SV Polizei und beim FC St. Pauli um das ovale Leder. Nach seiner aktiven Karriere als Spieler übernahm er dann nacheinander bei den Braun-Weißen das Traineramt der Frauen- und der Männermannschaft. Neben seiner aktuellen Tätigkeit als Verieinscoach bei der SG Hamburg Exiles RFC/HSV leitet er nun gemeinsam mit Dirk Frase (Köln, r.) seit (März dieses Jahres) auch die Geschicke der deutschen Frauennationalmannschaft im 15er-Rugby. Der Pressereferent des Hamburger Rugby-Verbandes (HHRV), Matthias Hase, hat sich daher vor dem am Wochenende stattfindenden Lehrgang als Vorbereitung auf das Länderspiel gegen Tschechien (28. Oktober in Berlin) mit McGuigan über den aktuellen Stand und die sportliche Zukunft des Frauen-Rugbys in Deutschland unterhalten.

 

Hamburger Rugby-Verband: Wie bist du an den Job des Nationaltrainers der deutschen 15er-Frauen gekommen?
 

Paul McGuigan: Die Vorsitzende der Deutschen Rugby-Frauen (DRF), Dr. Anne Marie Hoffmann, hat mich angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, das Traineramt der DRF XV zu übernehmen. Nach Rücksprache mit meinem Verein habe ich dann zugesagt und diese reizvolle Aufgabe übernommen.

 

HHRV: Was reizt dich an diese Aufgabe?

McGuigan: Mein Anliegen ist es, das Frauen-Rugby sportlich weiterzuentwickeln. Dies gilt auch für mich persönlich als Trainer, um die Spielerinnen auf das nächste Level zu hieven, damit wir gemeinsam Erfolge feiern können.

 

HHRV: Welche Herausforderungen warten auf dich als Trainer und auf deine Spielerinnen?

McGuigan: Als Trainer möchte ich mit Akteurinnen aus verschiedenen Vereinen eine homogen agierende Nationalmannschaft formen. Unsere Spielphilosophie baut dabei auf einem System auf, das einerseits leicht zu verstehen und zu lernen ist, auf der anderen Seite dennoch Erfolge auf einem höheren Niveau verspricht..

 

Für die Spielerinnen bedeutet dies, dass sie einen höheren Fitnesslevel erreichen müssen als er aktuell in der Bundesliga vorherrscht. Die Ziele müssen dabei weitaus höher sein als sie gemeinhin in Deutschland sind. Das bedeutet, dass die Spielerinnen auch im privaten Leben Opfer bringen müssen, um auf dem Rugbyfeld erfolgreich zu sein.


HHRV: Worauf liegt aktuell der Fokus auf und neben dem Feld?

McGuigan: Wir müssen Stützpunkte aufbauen und zu etablieren, damit die Spielerinnen das Spielsystem verinnerlichen. Dies gilt besonders auch für die Frauen, die  bisher lediglich 7er-Rugby spielen. Wir wollen ihnen so ermöglichen, auch im in der klassischen Variante Fuß zu fassen. Das bedeutet auch, dass ich mich den Vereinen als Nationaltrainer anbiete, Trainingseinheiten zu absolvieren. Dafür ist aber unbedingt eine feste Finanzierung durch den Deutschen Rugby-Verband nötig, damit die Zukunft der 15er-Frauennationalmannschaft gesichert ist.

 

HHRV: Wie sichtest du deine Spielerinnen, auf welche Fähigkeiten legst du besonders wert?
 

McGuigan: Im Moment baue ich auf Empfehlungen und besuche nach Möglichkeit die Bundesligaspiele und die 7er-Turnier. In Zukunft soll die Sichtung durch die Stützpunkte gesichert werden. Dabei schaue ich zunächst erstmals auf die Frauen, die bereits über eine gewisse Rugbyerfahrung verfügen, die das Spiel verstehen und den Ehrgeiz besitzen, sich sportlich weiterzuentwickeln. Die Technik und Fitness wird dann im nächsten Schritt trainiert.

HHRV: Was erwartet euch im Spiel gegen Tschechien, wie sind die Gegnerinnen einzuschätzen, auf welchem Niveau bewegen sie sich?

 

McGuigan: Tschechien ist eine neuformierte Mannschaft, die auf Platz 53 in der Weltrangliste steht. Als Weltranglisten-19. wollen und müssen wir diesen Gegner schlagen.

HHRV: Wohin soll die sportliche Reise mit der deutschen Frauen-Nationalmannschaft international führen, wo steht sie momentan im internationalen Vergleich?

 

McGuigan: Wir wollen uns stetig verbessern. Erste Ziele sind dabei, in der Europameisterschaft nicht schlechter in der Tabelle als dieses Jahr zu stehen und die Niederlande ins Visier zu nehmen und gegen Spanien zu zeigen, was wir können. International sind wir zwar aktuell in der drittklassigen Gruppe, aber wir besitzen das Potenzial, in die zweite Gruppe aufzusteigen – sofern der DRV uns dabei unterstützt.

HHRC: Wie schätzt du den aktuellen Stand des Frauen-Rugby in Deutschland ein?

 

McGuigan: Momentan wird zu wenig 15er- und zu viel 7er-Rugby gespielt. Damit ist auf internationalem Niveau keiner die beiden Sportarten geholfen. Wir verfügen über viele Spielerinnen, haben aber uns aber noch nicht wirklich entschieden, in welche Richtung wir uns entwickeln wollen.

HHRV: Was wünscht du dir für das Frauen-Rugby auf nationaler Ebene, wo hakt es, was muss verbessert werden?

 

McGuigan: Wir benötigen in Deutschland eine stabile und größere 1. Bundesliga mit Mannschaften auf durchgehend konkurrenzfähigem Niveau. Als Unterbau wäre eine 2. Bundesliga mit Mannschaften, die 10er- oder 12er-Rugby spielen, wünschenswert. Es hakt momentan an den zu großen Leistungsunterschieden im spielerischen Niveau. Die Mannschaften müssen längerfristig planen können, um an das Niveau im Oberhaus herankommen zu können. Zudem muss in Deutschland eine höhere Wertschätzung des Frauenrugbys einkehren, damit wir die Vision umsetzen können, unsere gesteckten Ziele in den kommenden Jahren zu erreichen.

 

HHRV: Gehen wir mal weg vom internationalen Rugby und schauen auf Hamburg: Wie entwickelt sich das Frauen-Rugby in deiner deutschen Wahlheimat?

 

McGuigan: Die Entwicklung in Hamburg ist momentan zufriedenstellend. Der FC St. Pauli bekommt jedes Jahr Zuwachs aus der eigenen Jugend. Sehr erfreulich ist zudem die Gründung einer Frauenmannschaft beim Hamburger Rugby-Club, denn Konkurrenz belebt das Geschäft. Eine Konkurrenz, die wir auch bundesweit noch mehr fördern wollen.