Hamburger Jung Ben Ellermann: Mit Liebe und Leidenschaft zum historischen Europameistertitel im 7er-Rugby

Die letzte Klausur des Semsester im Fachbereich Sportwissenschaften ist geschrieben, die vorlesungsfreie Zeit auch in Heidelberg eingteläutet - Zeit also, für einen Heimatbesuch des Hamburger Jungs und 7er-Europameisters Ben Ellermann (22) in der Hansestadt. Dabei ließ es sich der Nationalspieler nicht nehmen, auf einer Stippvisite in der Rugby-Arena Stadtpark vorbeizuschauen. Dort leitete er eine Trainingseinheit mit Spielern seines Stammvereins FC St. Pauli und stellte sich anschließend bei einem "Meet & Greet" den Fragen der Anwesenden. Dabei gab er einen Einblick in das Leben eines Sportlers, der am Bundesstützpunkt des Deutschen Rugby-Verbandes (DRV) am Olympiastützpunkt Rhein-Neckar unter Profibedingungen trainiert.

Das Ambiente der Fragerunde ist rustikal. Ben Ellermann nimmt mit einem Becher Wasser Platz auf einem grünen Plastikstuhl, die interessierten Gäste sitzen auf Holzbänken und lauschen Ellermanns Ausführungen. Zum Rugby kam Ben Ellermann über Umwegen. Zunächst spielte Ellermann Fußball, ehe er über Kampfsport und American Football mit 15 Jahren beim FC St. Pauli landete. An sein erstes Training unter Ex-Nationalspieler Friedrich "Fritze" Michau erinnert sich Ben noch heute: "Ich musste Bälle fangen und laufen. Danch war ich übersät mit Schrammen." Doch das schreckte ihn nicht ab. Im Gegenteil: Ellermann entwickelte eine Liebe zum Rugbypsort und eine Leidenschaft für das Spiel mit dem ovalen Leder. "Ich bin halt kontaktfreudig", lacht der Nationalspieler.

 

Ein Antrieb, der ihn über Aufenthalte in Australien, Neuseeland und Fidschi bis in das 7er-Programm des DRV brachte. Ein Weg, der zahltreiche Entbehrungen mit sich bringt. Das Privatleben muss dabei zurückstehen. "Wenn man in Rugby investieren wil, muss man auf andere Dinge verzichten", sagt Ellermann. Denn nur so könne er sich neben dem Studium voll auf die bis zu vier Trainingseinheiten an fünf Tagen in der Woche konzentrieren. Los geht es dabei morgens um sieben Uhr mit Warm-ups- Stretching und Mobilitätsübungen. Danach folgen über den Tag verteilt Einheiten mit der Mannschaft und im Kraftraum. Und auch das Selbstmonitoring über Schlaf- und Essensgewohnheiten stehen täglich auf dem Programm. Am OSP Rhein-Neckar findet Ellermann dafür ein professionelles Umfeld vor. Doch trotz dieses Einsatzes ist Ellermann weit entfernt davon, ein Luxusleben wie ein Fußballprofi zu führen.

 

Da Ben Ellermann kein Mitglied der Sportfördrgruppe der Bundeswehr ist und nicht bei der Bundespolizei tätig ist, ist er als Student auf die Unterstützung durch die Deutsche Sporthilfe und auf ein Stipendium angewiesen, um finanziell abgesichert zu sein.  Zudem hilft die Familie und Gönner die zum Beispiel günstige Mietwohnungen zur Verfügung stellen. "Mit dieser breiten Unterstützung komme ich gut über die Runden", betont Ellermann. Auf diese Weise kann er sich auf seine Aufgaben in der olympischen Rugby-Variante konzentrieren. Daher kam der EM-Titel für den Hamburger Jung auch nicht überrraschend. "Der Titelgewinn ist historisch. Wir haben auf ihn hingearbeitet und haben unserem damaligen Trainer Vuyolwetu Zangqa damit ein würdiges Abschiedsgeschenk gemacht. Der Titel war aber auch eine Erleichterung, da wir Spieler des 7er-Programms auch im aktuellen Olympiazyklus gefördert werden", führt der Nationalspieler aus.

Wann die deutsche Mannschaft ihren Titel verteidigen kann, steht noch in den Sternen. Rugby Europe hat für dieses Jahr die Grand Prix Series abgesagt. "Wir müssen abwarten, wie Rugby Europe und World Rugby entscheiden und wie und wann es weitergeht. Aktuell halten wir Spieler uns fit und sind bereit für das, was dann sportlich kommt", betont Ellermann. Aber zunächst stehen für Ben Ellermann ein paar Tage Urlaub in Hamburg an, um die Akkus an der Waterkant wieder aufzuladen.